Bildung fängt in der Schule an

Da Bildung entscheidend für die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt ist, hat Rot-Rot eine Vielzahl von Reformen auf den Weg gebracht und im Doppelhaushalt 2008/2009 finanziell abgesichert.

22. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin in der 16. Wahlperiode zum Einzelplan 10 – Bildung, Wissenschaft und Forschung


Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bildung ist eine entscheidende Frage für diese Stadt. Sie ist entscheidend für die Zukunftsfähigkeit und hat deshalb für uns eine so herausragende Bedeutung, weil sie eine Frage der sozialen Gerechtigkeit und der Chancengleichheit ist. Die Aufmerksamkeit, die die Schule zu Recht genießt, hängt damit zusammen, dass dieser Bereich von großen Veränderungen gekennzeichnet ist und sein muss. Die Anforderungen der Gesellschaft an die Schulen steigen stetig. Die Schulen müssen aufgrund der gesellschaftlichen Veränderungen Aufgaben übernehmen, die sie bislang nicht erfüllen mussten. Die Richtung, in die diese notwendigen Veränderungen gehen müssen, werden mit den Stichworten – das sind auch die Stichworte rot-roter Bildungspolitik –: Stärkung der vorschulischen und frühkindlichen Förderung, Ausbau von Ganztagsschulen, Akzeptanz von Heterogenität, Integration durch Bildung – wir brauchen weniger Schulabbrecher, mehr Abiturienten, mehr Eigenständigkeit in den Schulen und eine Öffnung der Schulen für ihr Umfeld – beschrieben. Reformen finden deshalb in allen Schultypen statt, am komplexesten und schwierigsten sind sie an der Grundschule mit der Einführung der flexiblen Schulanfangsphase, dem jahrgangsübergreifenden Unterricht und dem Ganztagsbetrieb. All diese bereits in der vergangenen Legislaturperiode begonnenen Reformen werden fortgesetzt durch die Stärkung integrativer Elemente im gesamten Schulsystem und den Start der ersten Gemeinschaftsschulen.

[Mieke Senftleben (FDP): Allheilmittel!]

Die Komplexität der Veränderungen ist nicht einfach zu bewältigen. Vielen scheinen es zu viele Veränderungen auf einmal zu sein. Ehrlicherweise muss man auch zugeben, dass wir es nicht schaffen werden, ideale Voraussetzungen für diese notwendigen Veränderungen zu schaffen angesichts der Haushaltssituation, in der sich Berlin befindet. Trotzdem können wir es uns nicht leisten, diese Reformen auszusetzen, wie etwa die Einführung des jahrgangsübergreifenden Unterrichts in der Grundschule. Das wäre falsch angesichts der Notwendigkeit dieser Veränderungen. Aber wir werden natürlich sehr genau darauf achten und achten müssen, wie wir die Reformen weiter unterstützen, insbesondere seien hier im Bereich der Grundschule die Erzieherinnen für die flexible Schuleingangsphase und der integrative Unterricht von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderungen, die Frage der sonderpädagogischen Ausstattung, genannt.
Die jüngst veröffentlichte PISA-Studie hat wieder gezeigt, wie groß der Nachhol- und Veränderungsbedarf ist. Leichte Verbesserungen, die es in einigen Lernkompetenzen gegeben hat, begrüßen wir. Sie zeigen, dass mehr Aufmerksamkeit für Bildung Veränderungen erzeugen kann. Aber eklatant bleibt, dass der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungschancen nach wie vor ein sehr enger ist. Eklatant bleibt gerade in Deutschland die besondere Benachteiligung von Kindern mit Migrationshintergrund.

[Özcan Mutlu (Grüne): In Berlin auch!]

Die Versuche, dieses Problem kleinzureden oder zu negieren, die nach Veröffentlichung der PISA-Studie unternommen worden sind, helfen nicht. Es handelt sich um ein strukturelles Problem. Es muss angegangen werden und wir werden es angehen. Deshalb brauchen wir eine Schule, die allen Kindern zugänglich ist, die ihnen alle Abschlüsse ermöglicht, die kein Probehalbjahr hat, die auf Abschulen verzichtet, wo es kein Sitzenbleiben gibt. Wir brauchen eine Schule, in der respektiert wird, dass Lernen ein zutiefst individueller Prozess ist. Wir brauchen eine Schule, die endlich heterogene Lerngruppen als Normalfall akzeptiert. Wir brauchen eine Ganztagsschule. Genau deshalb haben wir uns bewusst dafür entschieden, mit einer Pilotphase in die Gemeinschaftsschule einzusteigen.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Liebe Grüne! Wir haben uns bewusst dafür entschieden, nicht in die Sackgasse der Zweigliedrigkeit zu tappen und eine neue Restschule zu schaffen.

[Özcan Mutlu (Grüne): Deshalb habt Ihr auch die Restschule Hauptschule!]

Ja, es ist richtig, 15 Schulen beginnen. Wir hätten uns am Anfang mehr gewünscht. Aber wir wissen auch, dass sich viele Schulen entschieden und zum Teil bereits beschlossen haben, im nächsten Jahr einzusteigen. Deswegen sind wir zuversichtlich, dass die Pilotphase gelingt und dass sie an Ausstrahlung gewinnt.

[Özcan Mutlu (Grüne): Abwarten! –
Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion –
Mieke Senftleben (FDP): Sehr mager der Beifall!]

Bildung ist ein Schwerpunkt dieser Koalition. Das drückt sich auch in diesem Haushalt aus. Wir haben überdurchschnittlich ansteigende Ausgaben für die Berliner Schule und das trotz sinkender Schülerzahlen.
Ein ganz wichtiger Punkt, dazu wird meine Kollegin Margit Barth noch etwas sagen: Es ist uns gelungen, ein deutliches Zeichen gegen die Benachteiligung durch Armut an den Schulen zu setzen. Wir werden an den gebundenen Ganztagsschulen das Mittagessen subventionieren und den Schulen einen Härtefallfonds geben, der sowohl für das Essen als auch für Einschulungsmaterial bestimmt ist.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Es ist uns gelungen Sozialarbeiter in die Regelfinanzierung zu überführen, was ein wichtiger Punkt für die Entwicklung der Schulen ist. Darüber hinaus haben wir die Personalausstattung an den Schulen verbessert. Es gibt mehr Personal an den Schulen. Die Tatsache, dass dies noch nicht an allen Schulen als Verbesserung empfunden wird, zeigt, dass wir gerade im Feld Schulorganisation, im Feld Entbürokratisierung große Probleme haben. Wir haben es begrüßt, dass Senator Zöllner als Neuankömmling die Chance genutzt hat, grundsätzlich hinzuschauen, aber die Aufgaben sind noch nicht erledigt, insbesondere bei der Lehrerbedarfsentwicklung.
Bildung ist für uns ein Schwerpunkt. Wir geben mehr Ressourcen hinein, scheuen uns aber auch nicht vor den großen Veränderungen und großen Aufgaben, die in diesem Bereich noch auf uns warten.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]