Jedes Kind hat einen Anspruch auf eine siebenstündige Betreuung

Die Koalitionsfraktionen haben sich auf die Erweiterung des Anspruchs auf Betreuung im letzten Jahr vor der Einschulung verständigt.

 

26. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin in der 16. Wahlperiode zum Antrag  »Gesetz zur vorschulischen Sprachförderung«

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die beste Nachricht zuerst: Im Zusammenhang mit den Beratungen zu diesem Gesetz haben sich die Koalitionsfraktionen darauf verständigt, den Rechtsanspruch auf die Förderung in der Kita im kommenden Jahr auszuweiten. Im letzten Jahr vor der Schule werden alle Kinder ohne Bedarfsprüfung einen Anspruch auf eine siebenstündige Betreuung in der Kita haben. Bisher gab es nur einen Anspruch auf einen Halbtagsplatz.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD –
Özcan Mutlu (Grüne): Wo steht denn das im Gesetz?]

Damit haben wir etwas erreicht, was es in keinem anderen Bundesland gibt. Meine Fraktion ist darüber besonders froh, weil uns damit etwas gelingt, was uns sehr am Herzen liegt, nämlich der Abbau von Zugangshürden. Wir haben in Berlin die Situation – das erwähnte auch Herr Mutlu –, dass wir im letzten Jahr vor der Schule einen Versorgungsgrad von 97 Prozent hatten, also eine sehr gute Situation.

[Zuruf von Özcan Mutlu (Grüne)]

In der Zukunft wird es darauf ankommen – und daran müssen wir arbeiten –, in die Qualität und in den Abbau von Zugangshürden zu investieren. Wir wollen Schritt für Schritt eine Situation überwinden, in der oft gerade denjenigen Kindern, die der Förderung in der Kita ganz besonders bedürfen, nur ein Halbtagsplatz zugestanden wird, etwa weil ihre Eltern arbeitslos sind.

[Zuruf von Mieke Senftleben (FDP)]

Das war uns schon in den Koalitionsverhandlungen ein ganz besonderes Anliegen. Leider konnten wir uns in diesem Punkt in den Koalitionsverhandlungen nicht durchsetzen. Deswegen freuen wir uns umso mehr, dass wir uns nunmehr mit dem Koalitionspartner einig sind, dass wir hier einen großen, einen wichtigen Schritt vorangehen.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD –
Bravo! von der Linksfraktion]

In diesem jetzt vorliegenden Gesetz wird eine ganze Reihe von Themen behandelt, unter anderem auch die Frage der Schuleinzugsbereiche. Hier hat es während der Ausschussberatung interessanterweise eine Versachlichung in der Debatte gegeben. Trotz unterschiedlicher Anträge gibt es letztlich Einigkeit darüber, dass Kinder einen Anspruch haben, eine wohnortnahe Grundschule zu besuchen. Wir wollen, dass das Prinzip »kurze Beine, kurze Wege« Vorrang hat.

[Zuruf von Özcan Mutlu (Grüne)]

Dem widerspricht keine Fraktion mehr.

[Mieke Senftleben (FDP): Doch! Wir!]

Selbst die FDP, die vehement gegen Schuleinzugsbereiche polemisiert, hat in ihrem Konzept »Bürgerschulen« – das hat mich sehr gewundert – plötzlich wieder den Anspruch auf eine wohnortnahe Versorgung entdeckt, die Vorrang haben soll. Wenn darüber hinaus – nach der Erfüllung des Vorrangs der Wohnortnähe – noch Plätze an einer Schule frei sind, dann – das haben wir in diesem Gesetz geregelt – sollen Geschwisterbeziehungen vorrangig berücksichtigt werden. Wir haben damit übrigens keineswegs – Kollege Mutlu! Wenn man über »Stümper« und »Heuchler« redet, muss man sich das anhören! – eine Forderung der Grünen übernommen, wie Sie es der Presse weisgemacht haben,

[Özcan Mutlu (Grüne): Sie können erzählen, was Sie wollen!]

sondern Sie, lieber Kollege Mutlu, haben diese Änderung zum Anlass genommen, um einen Antrag zurückzuziehen, der Ihnen selbst etwas peinlich war, in dem Sie etwas ganz anderes wollten.

[Özcan Mutlu (Grüne): Sie erzählen Blödsinn! Das ist peinlich!]

Darin haben Sie formuliert, dass die Geschwisterregelung Vorrang vor der Wohnortnähe haben solle. Kinder, die in der Nähe der Schule wohnen, sollen wegen dieser Geschwisterregelung keinen Anspruch mehr haben, auf diese wohnortnahe Schule zu gehen – das war der Gehalt Ihres Antrags. Sie haben ihn zurückgezogen, und da haben Sie Recht.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Der Hauptpunkt in dem Gesetz ist die Frage: Wie organisieren wir die Sprachförderung im letzten Jahr vor der Schule?

[Özcan Mutlu (Grüne): Auch das ist ein Grünen-Antrag!]

In diesem Gesetz gibt es dazu folgende Änderungen:

Erstens: Der Sprachstand wird früher als bisher festgestellt.

Zweitens: Die Sprachförderung für Kinder mit Sprachförderbedarf wird erweitert. Sie beträgt statt einem halben nunmehr ein ganzes Jahr und jeweils drei Stunden pro Tag.

 

Drittens: Die Sprachstandsfeststellung und auch die Sprachförderung sollen künftig in der Kita erfolgen. – Der letzte Punkt ist uns besonders wichtig. Wir wollen, dass die Kompetenz der Kita für eine altersgerechte Förderung so kleiner Kinder genutzt wird, statt Parallelstrukturen zu schaffen.

Das ist insgesamt eine gute Sache. Ja, es ist richtig, wir hätten den Anspruch auf einen Teilzeitplatz für die Kinder, denen Sprachförderung zugesprochen worden ist, gerne sofort umgesetzt. Das war haushaltstechnisch leider nicht machbar. Umso mehr freuen wir uns darüber, dass wir es im nächsten Jahr für alle Kinder umgesetzt haben werden. – Danke schön!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD –
Bravo! von der Linksfraktion]