Berlin bereitet sich auf „30 Jahre friedliche Revolution“ vor

Steffen Zillich

Uns geht es darum, dass die Erinnerung an diejenigen wachgehalten wird, die dieses Ereignis vorbereitet haben und sich in der DDR im Bewusstsein der damit verbundenen Risiken entschieden haben, politische Opposition zu leisten.

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17. Sitzung, 16. November 2017

Steffen Zillich (LINKE):

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Nicht zufällig geht es in diesem Antrag darum, dass der Senat aufgefordert wird, sich gut auf das Jubiläum der friedlichen Revolution in der DDR vorzubereiten. Es geht darum, weil das ein einschneidendes Ereignis in dieser Stadt, aber auch darüber hinaus war und es bei einer Reihe von Jubiläen von Ereignissen der jüngeren deutschen Geschichte, die wir in den nächsten Jahren zu feiner haben, dieses in seiner eigenständigen Bedeutung hervorzuheben.

Uns geht es darum, dass gerade angesichts einer Situation von mannigfaltiger tagespolitischer Überformung von Erinnerung und Erinnerungspolitik die Erinnerung an diejenigen authentisch wachgehalten wird, die dieses Ereignis vorbereitet haben, nämlich an diejenigen, die sich in der DDR im Bewusstsein der damit verbundenen Risiken entschieden haben, politische Opposition zu leisten und auch an ihre Unterdrückung zu erinnern.

Es geht uns darum, gerade angesichts als nicht so positiv wahrgenommenen Nachwendeerfahrungen von Menschen vor allen Dingen in Ostdeutschland, von Deklassierungs- und Ungerechtigkeitserfahrungen, daran zu erinnern, wie Menschen in der Breite in dieser friedlichen Revolution Erfahrungen und Motivation von Mut, Kreativität, Demokratisierungswillen, Selbstermächtigung, Befreiung und von Veränderungsmöglichkeit erlebt haben, wie sehr das viele Menschen geprägt hat und was für eine wichtige Erfahrung genau das für die Entwicklung eines demokratischen Gemeinwesens ist. Daran wollen wir erinnern. Deswegen ist es uns so wichtig – ich sprach es gerade kurz an –, dass verständlicherweise und in gewisser Weise durch die Macht der Bilder geprägt, die wichtige Erfahrung des Mauerfalls nicht die Erfahrungen und die Erinnerungen an diese friedliche Revolution gänzlich dominiert, sondern wir hier eine eigenständige Möglichkeit haben, daran zu erinnern. In welchen Formen das stattfindet, darum wird zu ringen sein, und ich glaube, wir können sowohl vom Senat als auch vom neu zu wählenden Aufarbeitungsbeauftragten einiges erwarten.

Der Antrag soll nicht nur eine leere Forderung bleiben, dieses Ereignis vorzubereiten, sondern wir befinden uns derzeit in den Haushaltsberatungen und ringen in der Koalition darum, diesen Auftrag mit Ressourcen zu untersetzen.

Wir wählen heute einen neuen Aufarbeitungsbeauftragten. Wir haben dazu üblicherweise keine Aussprache, aber diese Rederunde gibt die Möglichkeit, wenigstens ein paar Worte dazu zu verlieren. Auch 30 Jahre nach den Ereignissen der friedlichen Revolution hat ein solcher Beauftragter einiges vor sich, einiges zu bewältigen, nicht nur die Beratung der Opfer und Hilfe, nicht nur das Suchen und Finden von neuen Formen der Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit, neue Wege der Erinnerung zu gehen, nicht nur die Frage, vielleicht eine Bilanz zu ziehen, eine Evaluierung, dessen vorzunehmen, was denn Aufarbeitungskultur bisher erreicht hat, was sie erreichen konnte und was vielleicht nicht. Wir wollen in Berlin konkrete Projekte angehen, den Campus der Demokratie in Lichtenberg oder das Erschließen von historischen Orten wie in der Keibelstraße. Wir wünschen Tom Sello dabei eine gute Hand und sichern ihm unsere Unterstützung zu. Ich möchte das aber auch mit dem Dank an Martin Gutzeit, dem scheidenden Landesbeauftragten, für viele Jahre Arbeit verbinden. Insofern sollten wir diesen Antrag beschließen und nachher mit einem sehr guten Ergebnis Tom Sello zum neuen Beauftragten wählen. – Vielen Dank!