Gesetz über die Errichtung eines Sondervermögens „Infrastruktur der Wachsenden Stadt (SIWA ErrichtungsG)“

Die Stärkung der Infrastruktur in der wachsenden Stadt ist ein drängendes Problem. Investieren und die Stadt nicht weiter auf Verschleiß fahren ist in der Tat das Gebot der Stunde.

aus dem Wortprotokoll

56. Sitzung
Prioritäten

Ich rufe auf

lfd. Nrn. 3.2 und 3.3:

Priorität der Fraktion der SPD und Priorität der Fraktion der CDU

Gesetz über die Errichtung eines Sondervermögens „Infrastruktur der Wachsenden Stadt (SIWA ErrichtungsG)“

Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU
Drucksache 17/1980 Neu

Erste Lesung

Die Drucksache 17/1980 neu ersetzt die ursprüngliche Drucksache 17/1980.

Vizepräsident Andreas Gram:

– Für die Fraktion Die Linke erteile ich jetzt dem Kollegen Zillich das Wort. – Bitte schön!

Steffen Zillich (LINKE):

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist wohl wahr, die Stärkung der Infrastruktur in der wachsenden Stadt ist ein drängendes Problem. Investieren und die Stadt nicht weiter auf Verschleiß fahren ist in der Tat das Gebot der Stunde. Das diskutieren wir nicht erst seit heute, und die finanziellen Spielräume dafür sind auch vorhanden, auch wenn sie eher kleiner als größer werden. Insoweit sollten wir uns freuen, insoweit freue ich mich tatsächlich, dass die Koalition dem jetzt Rechnung trägt, denn wir erinnern uns noch an die Auseinandersetzungen der vergangenen Jahre. Die Opposition hatte vorgeschlagen, die Jahresüberschüsse für Investitionen in Wohnen, Nahverkehr und den Rückkauf der Wasserbetriebe zu verwenden. Was sind wir beschimpft worden, Kollege Esser hat es angedeutet, das sei jenseits der finanzpolitischen Vernunft.

[Uwe Doering (LINKE): Von Schneider und Co.!]

Gut, dass es hier eine Kurskorrektur seitens der Koalition gibt, schlecht dass sie so spät geschieht, denn die Chance für Investitionen im Umfang von mehreren Hundert Millionen Euro wurde dadurch vertan.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den
PIRATEN –
Uwe Doering (LINKE): Lieber spät als nie!]

Aber gerade angesichts der Vorgeschichte muss man sich über die Genese des Antrags doch schon wundern. Der Inhalt ist auch für die Koalition nicht neu. Der erste Entwurf stammt spätestens vom Oktober 2013. Er ist inzwischen im Frühling, Sommer, Herbst und Winter der Entscheidungen mehrfach angekündigt und öffentlich verbraten worden, ohne dass etwas passiert ist.

[Torsten Schneider (SPD): So macht man das!]

Und wie gesagt, die tatsächliche Politik von Senat und Koalition war währenddessen immer eine andere.

[Heiterkeit von Carsten Schatz (LINKE)]

So wundern wir uns natürlich schon, wenn wir dieses auch für Sie nicht neue Thema dann gestern als dringlichen Antrag vorgelegt bekommen. Ich will mich jetzt nicht formal mit dem Thema Dringlichkeit auseinandersetzen, darum geht es nicht, sondern es geht um den Politikmodus und auch um die mangelnde Ernsthaftigkeit, die dadurch sichtbar wird.

Nun bekommen wir heute eine Tischvorlage, die diesen gestrigen Antrag ersetzt. Wie das? – Die Opposition hat die Koalition gestern darauf aufmerksam gemacht, dass das, was sie öffentlich und in der Begründung behauptet, dass sie beantragen würde, tatsächlich mit dem Antrag gar nicht beantragt wird. Ich bekomme langsam ein Problem mit meinem Oppositionsverständnis. Offensichtlich ist unsere Aufgabe, dem Senat und der Koalition zu helfen, erst beim Besoldungsgesetz, jetzt hier, aber wir machen das ja gerne, wenn andere arbeiten wie die Profis.

[Beifall bei der LINKEN –
Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN
und den PIRATEN]

Aber der Unterschied zwischen diesen beiden Versionen ist doch kein kleiner oder redaktioneller, sondern es geht um den relevanten Unterschied: Geht es um die geplanten Überschüsse, oder geht es um die tatsächlichen Überschüsse? Um es einmal deutlich zu machen: Für das vergangene Jahr, für 2013 wäre das ein Unterschied zwischen 0 Euro und einer knappen Viertelmilliarde Euro gewesen. Für dieses Jahr wird es wahrscheinlich ein Unterschied zwischen 10 Millionen Euro und ebenfalls einer Viertelmilliarde Euro sein, aber das kann einem ja mal so durchrutschen.

[Zuruf von Senator Dr. Ulrich Nußbaum]

Das ist korrigiert, aber es bleiben darüber hinaus noch ein paar grundlegende Kritikpunkte. Ich will darüber reden. Kollege Esser hat es angedeutet. Erstens sind die Investitionen tatsächlich auf die Hälfte der Überschüsse reduziert. Der Kollege Wowereit hat ja zu Recht gesagt, das Ganze ist ein Tilgungsgesetz. Warum ist das ein Kritikpunkt? – Wenn wir eine Tilgung von jährlich 100 Millionen Euro, wie es die Finanzplanung vorsieht, in Augenschein nimmt, dann bedeutet das einen Schuldenabbaupfad von über 500 Jahren. Eine Finanzplanung auf solche Zeiträume auszulegen, ist albern.

Zum Zweiten, Kollege Esser hat es gesagt: Die Unterlassung von Investitionen zugunsten der Tilgung ist nichts anderes als eine besonders teure Form der Neuverschuldung, und Tilgung durch Neuverschuldung ist Quatsch.

[Beifall bei der LINKEN –
Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN
und den PIRATEN]

Der zweite Kritikpunkt ist, auch das hat Kollege Esser schon gesagt, die Begrenzung der Investitionen auf die wachsende Stadt. Mal sehen, wie es dann ausgelegt wird. Es gibt genügend Investitionen, die jenseits der wachsenden Stadt dringend nötig sind. Darüber werden wir in den Ausschussberatungen reden.

Der dritte Punkt – auch da hat der Kollege Esser recht: die Abwicklung des Sondervermögens – so lese ich es – jenseits des Haushalts und des Budgetrechts des Parlaments. Wenn das jetzt ein anderes Verständnis bekommen sollte, dann werden wir darüber in den Ausschussberatungen sinnvoll reden können.

Sehr geehrte Damen und Herren von der Koalition! Wir werden das alles in den Ausschussberatungen einzeln diskutieren, aber am Schluss muss ich doch noch Ihre Begründung zitieren. Sie schreiben da:

Wir werden daher auch zukünftig sparsam Politik gestalten…

[Heiterkeit –
Beifall bei der LINKEN –
Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN
und den PIRATEN]

Nun teilen wir den Eindruck durchaus, dass Sie vom Instrument der Politikgestaltung bisher sparsam Gebrauch gemacht haben, aber wenn Sie nun bekennen, das auch weiterhin so zu halten, dann überrascht das uns zwar nicht, aber es ist gleichwohl ernüchternd für die Stadt. – Danke schön!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den
PIRATEN –
Torsten Schneider (SPD): Hätten Sie mal gestern
sagen können, dann hätte ich es noch geputzt! –
Joachim Esser (GRÜNE): Dann hättet ihr den Satz
auch eliminiert! –
Heiterkeit]

Vizepräsident Andreas Gram:

Vielen Dank, Kollege Zillich! –