Nicht alles Neue hat sich als praktikabel erwiesen

Steffen Zillich

Mit dem Schuljahr 2007/2008 wurden einige Neuerungen eingeführt. Die Personalkostenbudgetiertung ist aber zu kompliziert für Schulen, um zeitnah auf einen Lehrkräfteausfall reagieren zu können.

28. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin in der 16. Wahlperiode  zur Große Anfrage »Ausstattung der Schulen mit Lehrkräften zum Schuljahresbeginn 2007/2008 und mittelfristige Lehrerbedarfsplanung im Land Berlin bis 2015/2016«

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir behandeln diese – in der Tat ein wichtiges Thema berührende – Große Anfrage im Plenum, weil der Senat darauf besteht. Das ist sein gutes Recht; angesichts der vielen Details, die in diesem Zusammenhang zu beraten sind und der komplexen Fragestellung, halte ich das aber nicht für die richtige Entscheidung.

Ich glaube auch nicht, dass sie die geistigen innerparlamentarischen Einschaltquoten für Bildungsthemen, die ohnehin nicht sehr berauschend sind, weiter erhöhen wird.

[Benedikt Lux (Grüne): Dann erzähl doch mal was Spannendes!]

Deshalb gehe ich davon aus, dass wir eine gründliche Beratung der Großen Anfrage im Ausschuss vornehmen, und beschränke mich auf drei Punkte. Etwas anderes ist in fünf Minuten ohnehin nicht möglich.

Der erste Punkt, der durch diese Große Anfrage behandelt wird, ist die Frage der Vorbereitung des Schuljahres und der Ausstattung der Schulen. Die Große Anfrage hatten wir am Anfang des laufenden Schuljahres gestellt; wir befinden uns nun in der Phase der Vorbereitung des neuen Schuljahres. Es sind einige Veränderungen vorgenommen worden, auf die man kurz eingehen kann. Wir begrüßen es, dass wir bei der Vorbereitung des neuen Schuljahres und bei der Frage, wann wissen die Schulen, welche Ausstattung sie bekommen, vorangekommen sind. Das ist gut, und das war nicht einfach. Es gibt eine Neuregelung, wie mit dem Ausfall von Lehrkräften und mit Vertretungen umgegangen wird. Hier ist es keine kleine Leistung, zu sagen, wir rechnen die dauerkranken Lehrerinnen und Lehrer – ca. 4 Prozent – aus der Berechnung heraus. Auch die grundsätzliche Einführung der Personalkostenbudgetierung wegen Flexibilität ist natürlich ein richtiger Schritt, aber es gibt einige Probleme, über deren Lösung wir reden müssen. Die PKB ist – wie sich gezeigt hat – keine Lösung für kurzfristigen Lehrkräfteausfall, da reagiert sie nicht schnell genug. Das Verfahren erscheint vielen Schulen als kompliziert, und die Liste, auf die sie zugreifen sollen, ist nicht sonderlich aktuell. Wir haben zudem das Problem – das führt schon fast zu meinem nächsten Punkt –, dass die Schulen Schwierigkeiten haben, Vertretungslehrkräfte zu finden. Über diese Punkte werden wir weiter reden müssen.

Ein weiterer Punkt ist die Lehrkräftezumessung. Hier begrüßen und unterstützen wir, dass der Bildungssenator sagt, wir müssen ein transparenteres Verfahren finden, das sich an dem Sprachförderungsbedarf und an der sozialen Voraussetzung der Schülerinnen und Schüler orientiert. Es ist auch richtig, dass wir in einer Übergangssituation über einen Dispositionspool eine Möglichkeit zur Nachsteuerung haben, damit wir über diesen Prozess die Schulen nicht zusätzlich benachteiligen. Worüber wir aber reden müssen, ist die Frage, wie wir mit dem Verhältnis von transparenter Ausstattung und nachträglichem Ausgleich von Nachteilen strategisch umgehen. In welche Richtung soll das laufen? – Einerseits sollen die Schulen transparent ausgestattet werden, andererseits verteilen wir hinterher nach Gusto. Darüber werden wir noch einmal reden müssen; über die Frage des gemeinsamen Unterrichts von Menschen mit und ohne Behinderung müssen wir ohnehin reden.

Der zweite Punkt, der uns bei der Behandlung dieser Großen Anfrage wichtig ist, ist die Frage, wie der Lehrkräftebedarf in der Zukunft aussieht. Mit der Großen Anfrage wollten wir eine Diskussionsgrundlage schaffen, weil wir langfristig ein Problem sehen und wir wissen, wie schwer dies zu lösen ist und wie schwer es insgesamt ist, in einer Zeit, die nicht arm an Problemen ist, über Probleme nachzudenken, die in der Zukunft und in der relativ weiten Zukunft vor uns stehen. Es gibt meiner Ansicht nach zwei ungeeignete Möglichkeiten, mit so einem ernsthaften Problem umzugehen: Die eine ist die, zu sagen, es läge alles an der politischen Farbenlehre und es werde aufgrund der ideologischen Verblendung das Falsche gemacht. Das macht zuweilen die Opposition, doch das hilft nicht, allein deswegen nicht, weil es die Frage der Lösung dieses Problems allein in den Bereich des guten Willens verschiebt, und das ist eine Unterschätzung des Problems. Die zweite ungeeignete Möglichkeit ist zu sagen, wir geben lieber keine konkrete Auskunft, weil damit eventuell in irgendeiner Form ein Finanzbedarf verbunden sein könnte. Das ist ein bisschen das, was der Senat macht.

[Zuruf von Özcan Mutlu (Grüne)]

Das ist deswegen nicht günstig, weil wir dadurch eben nicht die seriöse Grundlage, die wir haben wollen, finden, um die Größe des Problems einzuschätzen und seriös diskutieren zu können, was wir machen müssen. Selbst in der Antwort des Senats erweist sich bereits, dass es einige Punkte gibt, auf die wir weiterhin achten müssen. Wenn der Senat an anderer Stelle von einem Einstellungsbedarf ab dem Schuljahr 2013/2014 von 1 400 Lehrkräften redet und die Universitäten 850 Absolventen liefern, dann ist völlig klar, worin das Problem besteht. Wir haben in der Großen Anfrage nicht die Frage gestellt, ob der Senat Berechnungen für die Zukunft anstellt, sondern wie das Ergebnis dieser Berechnung lautet.

Vizepräsident Dr. Uwe Lehmann-Brauns:

Herr Kollege! Sie sind auch am Ende Ihrer Redezeit!

Steffen Zillich (Linksfraktion):

Wir wissen, dass wir bei der bezirklichen Schulentwicklungsplanung ein Problem haben; hier einfach nur auf die Zuständigkeit der Bezirke zu verweisen, reicht nicht aus. Deswegen werden wir im Ausschuss eine intensivere Beratung dieser Probleme vornehmen.

[Beifall bei der Linksfraktion]

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